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Entwicklertagebuch

Lest hier die Entstehungsgeschichte von Assault – Red Horizon 41:

Teil 1: Der Hintergrund

Willkommen in dieser neuen Kategorie. Das Entwicklertagebuch. Werft mit uns einen Blick auf die Hintergründe. Was geht im Kopf eines Autors vor. Wie hat sich die Idee entwickelt? Und wohin führt das in Zukunft?

Ich bin Wolfgang, 39 Jahre alt und Vater von drei Söhnen und verheiratet mit einer sehr, sehr geduldigen Frau. Ich komme aus einem kleinen Ort im bayerischen Wald in Niederbayern. Red Horizon 41 ist das erste Modul eines neuen taktischen Wargame Systems (Assault) und simuliert taktische Gefechte während der Anfangsphase der Operation Barbarossa 1941. Uns geht es um taktische Tiefe und Skalierbarkeit in Sachen Spieldauer.

Nach meiner Militärzeit im Jahre 2003 war ich längere Zeit in den USA und habe mir unter anderem die Wargames „Panzer Grenadier“ und „Lock´n‘Load Band of Brothers“ mitgebracht. Zur damaligen Zeit hatte ich auch noch eine Sammlung von „Advanced Squad Leader“ Zuhause. Gut, ich muss sagen das ASL Thema gefiel mir schon sehr gut, aber leider mangelte es an Mitspielern beziehungsweise musste man extrem viel Aufwand für den Einstieg investieren. Allein die ewigen Abkürzungen waren eine Qual. Somit verkaufte ich alle meine ASL Module wieder.

Wir spielten eine Zeitlang regelmäßig „Band of Brothers“. In meinen Augen kein schlechtes Spiel, doch störten uns die vorgegebenen Szenarien. Auch die Tatsache mit Infanterie, ohne Panzerabwehrwaffe gegen einen Panzer hilflos zu sein, frustrierte uns. Und erst das Feature, bei Beschuss eines Panzers steigt die Besatzung aus um sich zusammen schießen zu lassen, war alles andere als befriedigend. Wohlbemerkt der Panzer war noch heil. Trotzdem ist „Lock’n‘Load“ ein solides, taktisches Wargame und beschäftigte uns intensiv.

Da mir auf Dauer die vorgegebenen Szenarien zu langweilig waren und wir lieber mit unseren eigenen, ausgewählten Einheiten kämpfen wollten, begann ich im Jahre 2013 einen Schlachtengenerator für „Lock’n’Load“ zu entwickeln. Dazu habe ich mir basierend auf den Einheitenfähigkeiten eine Möglichkeit zur Berechnung von Standardpunkten ausgedacht. Somit konnte ich sämtliche „Lock’n’Load“ Module und deren Einheiten in eine Punkteliste integrieren.

Die Auswahl der Einheiten war jedoch nur die halbe Miete. Es sollte noch auf einer zufällig erstellten Karte gespielt werden. Dazu habe ich mir alle Kartenteile aufgelistet, mit Standardzielfeldern ausgestattet und einen Zufallsgefechtsgenerator gebastelt. Fertig war der erste „Lock’n’Load“ Random Battle Generator. Nun konnte ich mit meinem Freund auf die Schnelle eigene Gefechte erstellen und dazu selbst Einheiten auswählen.

Was soll ich sagen? Das war noch nicht der Abschluss unserer Anpassungen. Es dauerte nicht lange und wir dachten darüber nach, dass eine zusammenhängende Kampagne Spaß bringen könnte. Wir dachten da sehr stark an die alte Computerspielzeit: „Panzer Strike“ (C64) und „Steel Panthers“ (PC) hatten uns in der Schulzeit stark geprägt. So etwas in der Art als Brettspiel. Wir dachten: „Da könnte ja das Lock’n‘Load System funktionieren!“

Das war der Beginn des kreativen Prozesses. Es dauerte nicht lange und das Kampagnengerüst stand. Wir wollten, dass die Spieler eine kleine Truppe von ausgewählten Einheiten durch eine Zahl von Gefechten führen konnten. Dabei wirkte sich jeder Verlust von Gefecht zu Gefecht aus. Erfahrung wurde gesammelt und die Truppe konnte wieder versorgt werden. Um die Truppe gab es einen logistischen Rahmen wie z.B. Abnutzung, Moral, Bereitschaft, Nachschub, etc.

Ein Gefechtstag bestand aus Vormittag, Nachmittag und Nacht. Die Spieler mussten zu jeder Tagesphase die Truppen per verdeckten Befehl aktivieren. Dann wurde über eine Matrix ausgewählt, was passiert. Kampagnenziel war es, entweder die Truppe des Gegners so weit zu vernichten bis die Moral hinüber ist, oder die Frontlinie zu durchbrechen.

Nun stellt ihr Euch sicher die Frage: „Was hat das jetzt mit Assault – Red Horizon 41“ zu tun?“ Richtig. Erst mal nichts! Aber wir fanden dass das „Lock’n’Load“ System uns nicht genug kreativen Freiraum gab. Zum einen waren die Einheiten auf die in den Modulen vorhandenen beschränkt.

Proto für den Battle Gen

Zum anderen gab es seitens der Spielmechanik Themen die aus unserer Sicht nicht so schön gelöst waren. Während der Zeit baute ich Kontakt zum Eigentümer von „Lock’n’Load“ Publishing auf. Mittlerweile wurden für fast alle „Lock’n’Load“ Module meine Random Battle Generators veröffentlicht.

Erste Skizzen für ein Kampagnensystem

2015 hatte ich dann den Gedanken: „Wenn ich ein eigenes System entwickle, dann kann ich mich selbst verwirklichen und so gestalten wie ich mir das vorstelle!“ Ein Gedanke, dessen Konsequenzen ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einzuschätzen vermochte. Ich stampfte das Kampagnenmodul für „Lock’n’Load“ ein und begann ein neues Wargame System zu erschaffen.

Übersicht des Kampagnensystems
Testphase des Kampagnensystems

 

Der Grundstein für “Assault – Red Horizon 41“ war gelegt. Meine Mitstreiter, Erich und Michael standen bereit.

 


Teil 2: Zeitraum: Juli 2014 – November 2014:

Der erste Plan war es ein taktisches Gefechtsspiel zu entwickeln in dem jeder einzelne Soldat als Holzwürfel abgebildet wird. Wir hatten dabei das alte „Steel Panthers“ in Kombination mit „Close Combat“ und „Combat Mission“ (PC) im Hinterkopf „So eine Kombination wäre perfekt!“, dachten wir.

Lerne bei den Besten

Für einen ersten Versuch hatten wir einen klein skalierten Ansatz geplant. Das heißt Gebäude haben mehrere Räume, Fenster und Türen, sowie Etagen. Ein Fahrzeug hatte einzelne Besatzungsmitglieder und verschiedene Fähigkeiten, Technikbereiche und Funktionen. Alle Soldaten wurden als Holzwürfel dargestellt. Ein Infanterietrupp bestand aus 10 Würfel (1 Gruppenführer, 9 Gewehrschützen). Jeder Würfel zeigte, je nach Würfelseite, seinen Status an. Somit konnten einzelnen Soldaten verwundet oder getötet werden. Durch den Ausfall von technischen Teilen in Fahrzeugen und Geschützen konnte die Funktion dieser eingeschränkt oder zerstört werden.

Die ersten Standard Geländeteile in Hexfeldform. Gebäude und Buschwerk.

 

Eine Befehlsübersicht mit den Auswirkungen.


Ein erster Entwurf um Fahrzeuge mit Besatzung und Technik abzubilden.

Wir wollten eine möglichst modulare Gefechtslandschaft haben. Das heißt der Spielfeldaufbau war komplett frei zu gestalten. Somit ergaben sich unzählige Möglichkeiten um ein Szenario zu aufzubauen. Dazu wurden Standardgeländearten entwickelt. Diese Teile mussten aber dann auch in jeglicher Richtung zueinander kompatibel sein. Dabei hatten wir unser altes Kampagnenkonzept stets im Hinterkopf. Unser taktisches System sollte später auch für Kampagnenspiele passend sein.

Die ersten Geländearten mit den entsprechenden Eigenschaften.

 

Die Regeln wurden in Tabellen abgebildet. So konnte sich zum Beispiel ein Soldat auf verschiedene Arten bewegen und Aktionen ausführen. Dazu gab es Gruppenbefehle um ganze Gruppen zu steuern. Das Befehlssystem bestand aus Markern, welche in einer Planungsphase verdeckt auf die Einheiten gelegt wurden. Während des Gefechts haben dann die Spieler Aktion für Aktion umgedreht und ausgeführt. Dies sollte eventuelle Befehlsverzögerungen simulieren. Der jeweilige Status eines Soldaten wurde auf den sechs Seiten des Soldatenwürfels dargestellt.

Ein erster Prototyp

Nach stundenlangem zeichnen am PC, drucken und der ewigen Bastelei war ein erster Prototyp geboren. Das „Design Nr. 1“. Ich freute mich schon auf ein erstes Gefecht.

Aber halt. Wie funktionieren denn die Befehle, Einheiten, Waffen überhaupt? Dazu mussten wir vorab zumindest noch die grundsätzlichen Regeln oder besser Rahmenbedingungen festhalten. Dazu gab es Tabellen mit Übersichten und Prozessen. Die Regeln sollten sich ja dann auch aus dem Spielgefühl und den Situationen entwickeln. Was die Funktion der Waffen betrifft haben wir versucht aus den tatsächlichen Daten die Spielwerte abzubilden. Schließlich benötigten wir erste Anhaltspunkte, über die Stärke der einzelnen Waffen. Das war unser Startpunkt.

Datentabelle zur Berechnung der Spieleigenschaft

Werte für die verschiedenen Waffen

Befehlsmarker

Regel für das gezielte Feuern

Schon während der ersten Gefechtsrunden hatten wir ziemlich viel Spaß. Man konnte sich gut in die Situation seiner Holzwürfel und Marker hinein versetzen. Gruppen von Soldaten rücken Feld für Feld, von Panzern unterstützt, vor. Ziel war es eine feindliche Verteidigungsstellung am Waldrand zu nehmen. Da eröffneten Panzerabwehrkanonen und Schützen das Feuer. Es gab erste Ausfälle. Ein Sani kümmerte sich um die Verwundeten und weiter ging es. Dann gab es einen Treffer auf den leichten Panzer. Motor, Geschütz und Kette waren beschädigt. Der mittlere Panzer feuerte was das Zeug hält auf die Kanone. Der Geschützführer und ein Ladeschütze wurden verwundet. Der Befehl zum weiteren vorrücken wurde erteilt.

Regeln für Sperrfeuer

Regeln für das Bewegen


So verlief unsere erste Partie. Das Ganze hört sich ja richtig actionreich an! Im Grunde war es das auch. Jedoch dauerte ein Spiel aufgrund der vielen Würfel (Soldaten) und Details sehr lange.
Da mussten wir uns etwas überlegen, um die Spieldauer zu reduzieren.

 


Teil 3: Zeitraum: November 2014 – April 2015

Wie beschleunigt man das Spiel nun? Im Moment befanden wir uns in einer „Skirmish-Ebene des CoSim“. Das dauerte zu lange und die Aussicht größere Szenarien / Zusammenhänge spielen zu können war nur mit ewiger Spielzeit verbunden. Im ersten Ansatz mussten Details aus dem Spiel gestrichen werden. Das tut einem Detailliebhaber, wie mir, echt weh. Ich kann mich da noch an einige Diskussionen erinnern. Michael, unser Historiker, steht auf schnellere, actionreiche Spiele. Ein viel zitierter Satz lautet: „Ein gutes Spielsystem muss in 1-2 Stunden runtergespielt sein!“.

Na und Erich? Dem ist das eher egal. Hauptsache Identifikation und Spieltiefe. Und wenn eine Partie acht Stunden dauert, dann dauert sie halt eben so lange. Letztlich musste ich entscheiden. Die Lösung liegt bekanntlich im Kompromiss. Also: „Details reduzieren, aber nur so viel wie unbedingt notwendig!“.

Die Panzerbesatzung und die detaillierten Gebäude fielen der Verschlankungswelle zum Opfer. Das wurde abstrahiert dargestellt. Für die Besatzungen und eventuelle Schäden an Geschützen und Fahrzeugen gab es nun Schadenpunkte. Die Gebäude wurden schlicht als ein Geländefeld mit einer Geländeart dargestellt. Keine Räume, keine Etagen, keine Türen und Fenster mehr. Die Regel lautete ein Geländefeld = eine Geländeart mit eindeutigen Eigenschaften.

Geländeteile mit eindeutigen Eigenschaften.

Auch der einzelne Soldat als Holzwürfel musste dran glauben und verlor seine sechs verschiedenen Seiten. Die bisherigen 6-seitigen Würfel mit Status pro Seite wurden auf einen einfachen Holzwürfel herabgesetzt. Das Befehlsmodell verkleinerte sich auf wesentliche Befehle.

Fahrzeuge und Geschütze mit Soldaten ohne Eigenschaften.

Das waren enorme Einschnitte für mich als detailverliebten Designer. Aber was soll´s? Das große Ziel ist eine strategische Kampagnenebene mit verschiedenen Kampfgruppen. Diese Idee schwebte wie ein Damoklesschwert über dem Spielsystem.

Begegnungsgefecht: Prinzip Zusammenhang strategischer Ebene mit taktischem Geländeaufbau.
Angriffsgefecht.

Zurück zum Jahreswechsel 2014 – 2015. Wir hatten das System etwas gestrafft und machten uns an die nächsten Testspiele. Da ich immer stets auch grafische Ansprüche an meine Prototypen habe, ging ich in die nächste Runde der stundenlangen Bastelei. Wieder zeichnen in Visio, ausdrucken, auf Siebdruckkarton kleben und mit scharfer Klinge zurechtschneiden. Nach intensiver Arbeit war nächste Prototyp fertig.

Prototyp Nr. 2

Was das Spielfeld betrifft probierte ich sogar zwei Varianten. Die erste basierte noch auf hexartigen Feldern mit verschiedenen Geländearten. Ich testete dann auch eine Version mit einem Grundspielfeld und Geländeteilen als Overlays.

Prototyp Nr. 3 mit Auslegbaren Geländearten.

Was ich bezüglich der verschiedenen Einheiten bisher vergessen hatte zu erwähnen. Es gab nur neutrale Einheiten, das heißt keine Nationen. Es gab Soldaten mit Maschinenpistole oder Gewehr. Es gab leichte, mittlere und schwere Panzer und Geschütze. Historische Modelle wollten wir erst einführen, wenn das System funktionierte.

Soweit ich mich entsinnen kann, spielten wir einige Male mit den neuen Prototypen und fanden dies ganz spannend. Ein Thema was uns zunehmend störte waren die vielen einzelnen Soldatenwürfel auf den einzelnen Feldern. Da konnte man schnell den Überblick verlieren, welcher Soldat jetzt welchen Befehl hatte. Insgesamt dauerte ein Spiel aber immer noch recht lange. Also wieder Re-Design am System. Aber gut wer hatte gesagt es würde leicht werden?


 

Teil 4: to be continued…